So oder so ähnlich sieht häufig die Reaktion auf eines der umstrittensten Addons der WoW-Geschichte aus. Ein Addon, das die Spieler spaltet.
Gearscore. Allein der Name ist für Manche ein rotes Tuch. Programmiert, um unter Einbeziehung des Itemlevels und der Attribute auf einem Item die Ausrüstungsqualität eines Charakters in einen Gesamtwert zu verpacken, war das Addon bald ebenso verhasst wie in aller Munde. Was das Addon in Verruf brachte, war die lustige Tatsache, dass die Suchen für Randomraids immer höhere Anforderungen in Sachen Gearscore stellten, parallel zum ansteigenden Buff in der Eiskronenzitadelle. Man sollte meinen, die Anforderungen hätten sinken müssen, da die Instanz leichter wurde, aber dem war nicht so. Im Gegenteil: Wurde man anfangs noch mit einem Gearscore von ca. 4800 in einem 25er-Raid mitgenommen, wurde man bald dafür nur noch ausgelacht und es hieß im Handelschannel alsbald „Lfm ICC25, GS 5,5k+“.
Man muss an der Stelle anführen, welche grundsätzlichen Probleme Gearscore immer mit sich brachte: Weder wurden Verzauberungen und Sockelsteine berücksichtigt, noch wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass es Items gab, deren Nutzen weit über ihrem Gearscore lag. Gerade Schmuckstücke und Relikte waren Kandidaten für solche Gearscore-Killer. Beispiel: der Buchband für Heilig-Paladine. Hier war der Itemlevel-200-Buchband Best-in-Slot, der 264er-Buchband war bei weitem nicht so nützlich, dank eines dämlichen Effekts. Wer also nur nach Gearscore ging, konnte also suboptimal ausgerüstet und völlig unverzaubert und ungesockelt sein. (Gerade die letzten beiden Punkte machen ca. 20% des Outputs aus) Was für abenteuerliche Raids hier teilweise zusammengestellt wurden, weil der Raidleiter ein Gearscore-Jünger war, muss ich niemandem erzählen.
Der Gearscore-Wahn wütete also eine ganze Weile und nahm absurde Formen an. Man muss sich nur vor Augen führen, dass da oft Ausrüstung vorausgesetzt wurde, die man theoretisch erst dabei war, sich zu erspielen. Oder anders ausgedrückt: Um auch nur den ersten Boss in der ICC10 zu legen, wurde Ausrüstung aus der 25er Version vorausgesetzt, beziehungsweise sollte man sich bereits komplett mit ICC10-Ausrüstung versorgt haben, um dort überhaupt anzufangen. Der Widerspruch ist offensichtlich. Warum sollte ich in einen Raid gehen, aus dem ich eigentlich gar nichts mehr brauche? Wenn ich aber noch etwas daraus brauche, bin ich für so manchen Raidleiter „zu schlecht“.
Nachdem dieser Wahn also immer groteskere Pirouetten drehte, trat nun eine andere Gruppe auf den Plan: die Gearscore-Hasser. Menschen, die, nachgefragt nach ihren ungefähren Gearscore nur antworteten, dass sie Gearscore verachten und Skill ja mal deutlich wichtiger wäre als Gearscore. Dass diese Spieler teilweise noch ihre halbe Lebensgeschichte anfügten und auch die Bemerkung nicht vergaßen, dass sie ja bereits zu Classic-Zeiten nackt mit einem grauen Stab in der Hand alleine Kel’Thuzad gelegt haben und ja schon in der US-Beta unbesiegbar waren, lasse ich mal unkommentiert. Unter die Gearscore-Hasser, die schlicht und einfach nur genervt waren von dämlichen Nachfragen und Absagen ob zu „niedrigem GS“ mischten sich leider auch jene Spieler, die das Argument, dass Skill>Gear gerne verwendete, um zu übertünchen, dass ihre Ausrüstung wirklich, beim besten Willen nicht für die Eiskronenzitadelle geeignet war. Wies man sie darauf hin, bekam man Antworten, die sinngemäß der Überschrift entsprachen.
Die Gearscore-Hasser wollten partout nicht einsehen, dass es eine gewisse Ausrüstung benötigt für einen bestimmten Raidcontent. Es gibt mathematische Grenzen und auf das äußerste Machbare muss man bei einer Randomgruppe eben noch ein bisschen draufschlagen, um den Mangel an Eingespieltheit auszugleichen. Gearscore war eigentlich ein sinnvolles Addon, welches das Gesamtequip in einen Richtwert zusammenfasst, anhanddessen man abschätzen kann, wo man steht. Verzauberungen und Sockel kann man deshalb weglassen bei der Berechnung, weil auch ein voll gesockelter Full-T7-Char leider nichts in der ICC zu suchen hat. Wohingegen ein ungesockelter T9-Char grundsätzlich geeignet ist, er muss eben nur noch sein Equip abrunden. Der Knackpunkt ist einfach die Tatsache, dass Gearscore ein Richtwert ist, der nur ein Teil einer Inspektion und Einschätzung sein kann, der erste Schritt. Damit kann man sagen, wo man steht. Im nächsten Schritt kann man dann ja alles andere untersuchen.
Das Problem ist nur, dass Spieler oft nach einem einfachen Wert verlangen. EIN numerischer Wert, das ist alles was sie wollen. Ein „grundsätzlich ja, aber“ ist schon zu viel. Früher war es eben der „Addheal“ eines Heilers, die HP eines Tanks und so weiter. Später waren es dann die DPS eines Damagedealers und dann eben Gearscore. Es gibt immer einen Modewert, der zum nonplusultra erhoben wird. Mindestens genauso dämlich wie die Vergötterung eines einzigen Wertes oder Verallgemeinerung eines Richtwertes ist aber die grundsätzliche Ablehnung davon. Es kann hilfreich sein, jemandem schnell antworten zu können, wenn derjenige mich anschreibt und fragt, ob sein Gearscore von X für die Instanz Y genügt. Dann kann ich schnell ablehnen oder zusagen, dass das grundsätzlich so ist. Das vereinfacht Kommunikation.
Natürlich kann man einwenden, dass doch bittesehr jeder selbst zu wissen hat, wo er steht. Ja, hier stimme ich prinzipiell zu. Wenn ich lauter Ausrüstung aus Hero-Instanzen habe und vielleicht ein bis zwei Items auf 232er-Niveau, weiß ich auch selbst, dass ich in der ICC nichts zu suchen habe. Aber die Itemverwirrung, die Blizzard mit den Hardmodes und den10er- und 25er-Lootpools geschaffen hat, kann ich auch verstehen. Brauche ich nun PDK10er-Equip für ICC10? PDoK10? PDK25? Oder ist das nicht das selbe? Hier kann ein Richtwert für etwas Klärung schaffen und aufzeigen, welche Raid-Tiers sich wie überschneiden.
Leider wird ein sinnvolles Werkzeug in der Hand von Trotteln zu einer Waffe der Dummheit und so ist auch Gearscore der Generation Lichking zum Opfer gefallen. Ich muss aber immer wieder betonen, dass das einzige, was noch dümmer ist, als stures Abverlangen eines bestimmten Gearscores, die radikale Ablehnung von Gearscore ist. Gearscore-Bashing ist eine alberne Reflexreaktion, die noch viel unreflektierter ist.